Erinnerungen an die Normalität

Die Corona-Pandemie in den Jahren 2020 und 2021 war für das Theater am Markt eine herausfordernde Zeit. Absagen, verschieben, noch mal verschieben, als digitales Format umsetzen, testen, scannen, Zuschauer_innenzahlen reduzieren, hoffen, bangen, …

Spielzeitmotto 2022_23

Schon ganz am Anfang, während des ersten lockdowns, auch nach der dritten, vierten und fünften Welle fragen wir uns und werden wir gefragt:

Wann wird alles wieder normal?

Wann kehren wir zu unserem normalen Spielbetrieb zurück, wann können wir wieder ganz normal Kurse abhalten, Liebeszenen spielen, uns zur Begrüßung umarmen, eben all die Dinge tun, die früher normal waren?

Jetzt sind sie es nicht mehr. Jetzt sind sie außergewöhnlich. Pathologisch. Erschreckend. Neu.

Dafür ist der Ausnahmezustand unsere neue Normalität geworden.

Und wir fragen uns: Was ist das eigentlich – dieses normal? Wann ist etwas normal und für wen eigentlich? Ist es besser normal zu sein, oder doch lieber individuell?

In der Spielzeit 2022/23 betrachten wir unsere Umgebung mit ganz neuen Augen. Wir hinterfragen alles, was schon immer so war, denn wir wissen, dass es sich morgen schon gänzlich verändern kann.

  • Wir schauen in die Vergangenheit und erforschen, was früher ganz normal war.
  • Wir blicken in die Gegenwart und untersuchen, warum es so schön, aber auch so ablehnenswert ist, normal zu sein.
  • Wir träumen von der Zukunft, in der bitte alles besser, aber irgendwie doch bitte auch wieder normal sein soll. Oder Moment –doch andersrum?

Spielzeitmotto 2022/23: Erinnerungen an die Normalität

Mit dem Begriff der Normalität wollen wir uns in den kommenden zwei Jahren auseinandersetzen. Angestoßen von einer globalen Pandemie, die wahrscheinlich nicht als Wendepunkt, aber zumindest doch als Zensur in Erinnerung bleiben wird und die zum einen durch die Setzung von ganz neuen Verhaltensregeln, Gesetzen und sogar Sprache (Inzidenzwert, durchgeimpft, Querdenker), eine nicht näher definierte Normalität ausgehebelt hat und die gleichzeitig eine neue Normalität geschaffen hat, bzw gerade schafft (homeoffice, medizinische Masken in der Öffentlichkeit, zoom-meetings anstelle von leiblicher Co-Präsenz).

Aber nicht nur Corona interessiert uns. Auch abseits davon wollen wir uns dem Begriff der Normalität widmen: Ab wann gilt etwas als normal? Ist es gut oder schlecht, normal zu sein? Ist normal = langweilig und wollen nicht alle eigentlich gern unnormal, also individuell sein? Wie passt der Wunsch nach größtmöglicher Individualität, der vor allem durch soziale Netzwerke befeuert wird, mit dem Wunsch dazuzugehören zusammen?

Wie verändern sich Vorstellungen von Normalität mit der Zeit? Wie zeigt sich das anhand von Theaterstücken? Hierzu wollen wir uns in 2022 und 2023 mit Theaterstücken beschäftigen, die verschiedene historische Normalitäten beleuchten.